Licht wird „geknickt“
Wenn Licht von Luft in Wasser eindringt, wird es verändert: Es verändert seine Geschwindigkeit und wird unter Umständen abgelenkt. Bilder von Gegenständen, die in Wasser eingetaucht werden, können den Gegenstand geknickt erscheinen lassen. Auch das Phänomen „Fata Morgana“ beruht auf der Tatsache der unterschiedlichen Geschwindigkeit von Licht in unterschiedlichen Medien.
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Licht geht über Grenzen
Leuchtet man mit einem Laserpointer schräg auf eine Wasseroberfläche und betrachtet den Lichtstrahl außerhalb und innerhalb des Wassers, dann sieht man, dass der Lichtstrahl an der Wasseroberfläche geknickt wird.
Diese Lichtbrechung versuchte man im 17. Jahrhundert durch zwei unterschiedliche Konzepte zu erklären. Isaac Newton glaubte, dass Licht aus einem Strom kleinster Teilchen besteht, die er Korpuskeln nannte. Im Unterschied dazu formulierte der niederländische Naturforscher Christiaan Huygens, dass sich Licht als Welle darstellen lässt.
Erklärung der Lichtbrechung nach Isaac Newton
Newton nahm an, dass das Licht aus kleinen Teilchen besteht. Teilchen stehen immer in Wechselwirkung mit anderen Teilchen, etwa durch die Gravitation, also die Massenanziehung. Die Luftteilchen sind nicht so dicht gepackt wie die Wasserteilchen. In der Luft besteht also weniger Anziehungskraft, die die Lichtteilchen erfahren, als im Wasser. Durch diese Überlegungen konnte Newton die Lichtbrechung ganz einfach erklären:
An der Wasseroberfläche erfahren die Lichtteilchen plötzlich eine stärkere Anziehungskraft und so erklärt sich der Knick des Lichtstrahls. Der Lichtstrahl wird also „ins Wasser hineingezogen“.
So erklärte Newton die Brechung:
Newton schloss aus der größeren Anziehungskraft der Teilchen, dass die Geschwindigkeit des Lichts in Wasser zunehmen, also größer sein, müsste.
Erklärung der Lichtbrechung nach Christiaan Huygens
Huygens kam zu seiner Wellentheorie durch die Beobachtung von Wasserwellen. Wirft man einen Stein ins Wasser, dann breitet sich die Welle in Form von konzentrischen Kreisen nach außen hin aus. Er überlegte sich folgendes Modell, um diese Ausbreitung der Wasserwellen zu erklären: Wenn der Stein ins Wasser fällt, dann entsteht dort kurz eine Unebenheit und die Welle beginnt sich auszubreiten.
So stellte sich Huygens das Fortschreiten der Wellenfront vor: Jeder Punkt, der Wasserwellenfront stellt eine Unebenheit dar und die Summe aller dieser kleinen - er nannte sie - Elementarwellen - ist die neue Wellenfront.
Diese Überlegungen kennt man als Huygenssches Prinzip:
- Jeder Punkt einer Wellenfront ist Ausgangspunkt einer so genannten Elementarwelle.
- Die Überlagerung aller Elementarwellen bildet die neue Wellenfront.
Mit dieser Idee hat Huygens die Lichtbrechung auf diese Art erklärt: So erklärte Huygens den Weg eines Lichtstrahls:
Mit seiner Wellentheorie konnte Huygens auch den Knick des Lichtstrahls beim Übergang von Luft in Wasser erklären. Zunächst nahm Huygens an, dass sich Licht in Wasser langsamer ausbreitet als in der Luft. Das ist durchaus einsichtig, weil ja die Wasserteilchen dichter gepackt sind als die Luftteilchen. Man sagt auch, dass Luft optisch dünner ist als Wasser. Die folgende Animation zeigt die Lichtbrechung mit der Wellentheorie:
Huygens formulierte diese Brechung so:
Um ganz genau zu sein, muss erwähnt werden, dass ein Teil des Lichts an der Wasseroberfläche auch reflektiert wird, der Großteil des Lichts jedoch die Brechung ins Wasser erfährt.
Die Brechung des Lichts hängt damit zusammen, dass die Ausbreitungsgeschwindigkeiten des Lichts in den beiden Medien (hier Luft und Wasser) unterschiedlich sind.
Newton oder Huygens, wer lag falsch?
Man kann ganz einfach entscheiden, wer von den beiden Wissenschaftern die bessere Erklärung gefunden hat. Man muss die Lichtgeschwindigkeit in Wasser messen. Als dies im 19. Jahrhundert gelang und man feststellte, dass die Lichtgeschwindigkeit im Wasser mit 225 000 km/s kleiner als in Luft ist, war klar, dass die Erklärung von Newton falsch sein muss, denn nach seiner Erklärung muss die Lichtgeschwindigkeit im Wasser größer als in der Luft sein.
Es ist oft so, dass es zunächst mehrere Erklärungen für beobachtete Ereignisse gibt. Man überlegt sich dann ein Experiment, das die Entscheidung bringen soll, welche Erklärung falsch ist. So wie soeben gezeigt bei Newtons und Huygens Erklärung zur Brechung, konnte man durch die Messung der Lichtgeschwindigkeit feststellen, welche Theorie falsch sein muss. Man kann jedoch nicht sagen, dass dadurch die Erklärung von Huygens richtig sein muss. Man kann nur sagen, solange kein Experiment zeigt, dass die Erklärung von Huygens falsch ist, können wir sie als zutreffend annehmen.
Allgemein gilt:
Der österreichische Physiker, Ludwig Boltzmann, hat das einmal so formuliert:
Der Lichtweg wird umgedreht
Geht Licht vom optisch dichteren Medium in ein optisch dünneres Medium, dann erfolgt ebenfalls eine Brechung, und zwar vom Lot weg.
Totalreflexion
Beim Übergang des Lichts von Wasser in Luft kann man plötzlich folgendes Phänomen beobachten: Der Lichtstrahl geht ab einem Winkeln nicht mehr in die Luft über; er wird total reflektiert.
Betrachten wir Lichtstrahlen, die immer flacher von unten zur Wasseroberfläche kommen, dann ist bei einem typischen Winkel, die Brechung vom Lot genau 90 Grad.
Der Winkel im dichteren Medium zum Lot, bei dem der Lichtstrahl an der Wasseroberfläche entlang gleitet (der Brechungswinkel ist dann 90 Grad), heißt Grenzwinkel der Totalreflexion.
Der Grenzwinkel der Totalreflexion ist für Wasser fast 49°.
Gehobene und geknickte Gegenstände
Zunächst ein „Zaubertrick“. Man befestigt mit ein paar Wachstropfen eine Münze (oder einen anderen flachen Gegenstand) auf dem Boden einer leeren Tasse. Dann schaut man schräg in die Tasse und senkt die Blickrichtung so lange, bis man die Münze oder den Gegenstand nicht mehr sieht. Nun gießt man Wasser in die Tasse bis knapp unter den Rand. Was passiert?
Da beim Übergang vom dichteren Medium Wasser in das dünnere Medium Luft die Lichtstrahlen vom Lot weggebrochen werden, sieht man die Münze wieder. Sie erscheint gehoben, da unser Gehirn die Lage der Münze durch „Rückverfolgung“ der einfallenden Strahlen (ohne Brechung) interpretiert.
Man sieht am Abend die Sonne höher am Himmel stehen, als sie tatsächlich ist. Auch das ist ein „Ergebnis” der Lichtbrechung, wie die folgende Zeichnung vereinfacht zeigt.
Fata Morgana und Lichtleiter
Das Naturschauspiel der Fata Morgana in Wüstengebieten ist ein Zusammenspiel von Lichtbrechung und Totalreflexion.
Man muss aber gar nicht in Wüstengebiete reisen, um das “Fata-Morgana-Phänomen” zu sehen. An heißen Tagen scheinen Asphaltstraßenabschnitte in etwas Entfernung, nass zu sein.
Auch das ist ein Phänomen der Totalreflexion. Die Luft ist knapp oberhalb des Straßenbelags sehr heiß, also optisch dünner als die darüber liegende etwas kältere Luft. Ab einem gewissen Winkel erfolgt dann Totalreflexion und dadurch sieht man nicht nur den Asphalt, sondern auch den Himmel. In Glasfasern kann man unter Ausnutzung der Totalreflexion Licht leiten.
Auch in der Medizin finden Lichtleiter Anwendung. Mit einem Gastroskopiegerät können Ärztin oder Arzt die Speiseröhre bis zum Magenausgang sehen.